
Premierengäste in der StäV: v.l. Hannes Linßen, Ralf Friedrichs, Dietmar Schott & Sascha Moll
Am gestrigen Montag (19.3.12) konnten wir beim ersten Auswärts-FC-STAMMTISCH in der „Ständigen Vertretung“ (StäV) mit Hannes Linßen (Sportdirektor 1.FC Köln 98-02) und Dietmar Schott (vormals WDR-Sportchef/Hörfunk) kompetente Talkgäste empfangen. Die Runde wurde von unserem Kult-Köbes aus dem Gaffel am Dom, FC-Fan Sascha Moll, komplettiert.
Da dieser Talk nicht in der Gänze vom KSTA aufgezeichnet wurde (einen KSTA-Kurzbericht über den Abend findet man
HIER), hier also nun eine schriftliche Zusammenfassung des Abends: Nachdem sich die Runde weitestgehend einig war, das die Niederlage in Hannover unnötig war, u.a. aufgrund der vielen vergebenen Torchancen, kam die Diskussion um die Form des Torjägers außer Dienst in Fahrt. Linßen verwies auf die Verletzung Novakovics, dafür aber relativ fit aussieht. Jedoch habe Nova seine Sicherheit verloren, ihm fehle das Erfolgserlebnis und damit auch das Selbstbewusstsein. Gegen Dortmund würde Linßen jedoch lieber mit Podolski alleine vorne agieren, da man wohl eher aus der Kontersituation kommen werde. Schott fügte hinzu, das Novakovic scheinbar ein Kandidat für die Bank sei, verwies jedoch auf den Trainerentscheid, da dieser den Spieler tagtäglich begutachten könne. FC-Fan Moll würde Novakovic weiter das Vertrauen schenken.
Die Abwehrprobleme und das Aufbauspiel des FC war ebenso Thema im Talk, Sascha Moll fiel auf, das die Schwäche eines Geromel mit dem Überstreifen der Kapitänsbinde begann, die für ihn eine Bürde zu sein scheint. Auch Hannes Linßen betätigte auf Nachfrage, das der FC gerade gegen Hannover den Gegner mit dem fehlerhaften Spielaufbau erst stark gemacht zu haben. Ob das im Training ausreichend geübt wird, konnte er nicht beurteilen, aber er geht davon aus, dass dies geschieht. Es sei jedoch, so seine Erfahrung als Spieler und als Trainer, dass zwischen Training und Spiel ein großer Unterschied herrsche.
Bezüglich der Elfmeterszene in Hannover war Linßen der Meinung, dass es nicht zwingend Strafstoß war, sich Sereno aber auch nicht sehr geschickt anstellte und der Schiedsrichter sicher auch durch die Situationen unterbewusst beeinflusst war.
Zur Sperre von Lukas Podolski äußerte Linßen sein Unverständnis, Podolski sei durch die frühe, ungerechte Hinausstellung im Spiel gegen Berlin bereits genügend gestraft. Das Vorgehen des DFB war für ihn nicht nachvollziehbar. Sascha Moll verwies auf Präzedenzfälle, wo es anders ausging, eine Meinung, der sich Dietmar Schott anschloss. Ebenso verwies der ehemalige WDR-Sportchef auf ein Interview mit dem neuen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach (zur Sperre Podolskis), der Schotts Meinung nach, die DFB-Linie eher unwillig verteidigte, da er als Journalist wohl eigentlich anderer Meinung sei.
Die Stellung des Trainers, Stale Solbakken, nach der Trennung von Volker Finke, wurde hinterfragt. Linßen pries die Außendarstellung Solbakkens, er lobt den „Typen“, seinen Jubel mit den Fans fand er authentisch und echt. Er kritisierte jedoch, dass man beim FC, „bei eigenem Ballbesitz, nach wie vor keine Spielidee entdecken kann, es ist nicht erkennbar, was der FC nun wirklich vor hat“ so Linßen weiter. Dies sei bei Frank Schaefer, zumindest in den Heimspielen, anders gewesen. Weiterhin stört es Linßen, das Spieler wie Peszko und Jajalo in ihrer Leistung stagnieren, sich teilweise zurückentwickelt haben. Damit dürfe der Trainer selbst nicht zufrieden sein.
Auf die Situation des Sportdirektors angesprochen, machte sich Dietmar Schott für seinen Namensvetter Dietmar Beiersdorfer stark, dessen Leistung in Hamburg im Nachhinein sehr positiv bewertet wird (Schott gilt als Kenner der HSV-Szene) und das es ein Riesenfehler des damaligen HSV-Präsidenten Hoffmann gewesen sei, sich von Beiersdorfer zu trennen. Schott verwies, bezogen auf das Präsidentenamt beim FC, auf ein persönliches Gespräch mit Wolfgang Overath, welches er vor wenigen Tagen führte. Darin äußerte sich Overath zur Präsidentenfrage beim FC, das er sich Karl-Heinz Thielen gut vorstellen könne, dieser habe aber, so Schott wörtlich „einige Feinde in der Chefetage des 1.FC Köln“. Auf die Nachfrage, ob Overath diese „Feinde“ namentlich nannte, meinte Schott nur „ … nein, die kennt er ja selber, das waren ja auch seine Feinde, die ja auch dafür gesorgt haben, das der Wolfgang kein Präsident mehr ist“
Zurück bei der Sportdirektor-Diskussion, äußerte sich FC-Fan Moll zurückhaltend zur Personalie Bodo Illgner, dem die Erfahrung fehle und das er die aktuelle Bundesliga nicht mehr kenne. Linßen bestätigte, das Illgner sicher viel Fachwissen habe und eine starke Persönlichkeit sei, jedoch sei er in der Tat sehr lange aus dem Geschäft war. Das Risiko sei daher recht hoch. Beiersdorfer sieht er als Fachmann, der beim HSV ein durchaus vergleichbares Umfeld und Szenario vorgefunden hat und sich behauptet hat. Sein persönlicher Favorit sei jedoch Frank Schaefer, mit dessen Name nicht nur eine Person verbunden sei, sondern quasi ein Programm. Schaefer sein seit 20 Jahren einer der größten Experten im bundesdeutschen Nachwuchsbereich und sei in der Lage, gute Spieler aus der Jugend zu formen. Die Bayern spielen z.B. mit 6 Spielern aus dem eigenen Nachwuchs (Schweinsteiger, Lahm, Alaba, Kroos, Müller & Badstuber) auf allerhöchstem Niveau. Mit einer durchdachten Nachwuchsarbeit wäre für den FC auch mittel- langfristig mehr möglich, als bis dato erreicht wurde. Dafür stehe für ihn der Name Frank Schaefer.
Ob Schaefer die „Härte“ des Geschäfts fehle, wenn er in alleiniger Verantwortung als Sportdirektor werden würde, konnte Schott nicht abschließend beantworten. Schott hatte aber einige private Gespräche mit Schaefer geführt, in denen Schott klar wurde, dass bei Schaefer durch die Situation im Vorjahr „etwas hängen geblieben“ sei. Die Art und Weise, wie seine Trainertätigkeit endete, hat ihn doch getroffen. Schott bestätigte, dass Schaefer ein guter Mann sei und fachlich sicher der Arbeit als Sportdirektor gewachsen sei. Moll bestätigte seine Vorredner und meinte, dass ein Schaefer nun doch „aufatmen könne“, da Finke nicht mehr im Verein sei. Allerdings sieht Moll Frank Schaefer eher als zweiten Mann, der einem erfahrenen Sportdirektor zuarbeiten könne.
Die Person Horstmann wurde thematisiert, hier verwies Linßen, der bereits in seiner Amtszeit mit ihm zusammen arbeitet, auf die Verdienste, aber auch darauf, wie Horstmann es geschafft hat, sich über viele Jahre im Verein zu etablieren. Spaßeshalber verkündete er „ … er war bei fast allen Abstiegen dabei, … ich bin z.B. extrem schwer kritisiert worden, bin aber nie abgestiegen.“ Weiterhin meinte Linßen, das viele neben Horstmann „umgefallen seien“, die heute nicht mehr da sind, verwies aber auch darauf, das der aktuelle Geschäftsführer des FC ein absoluter Wirtschaftsfachmann sei, der sich sicher seine Position in der Wirtschaft aussuchen könne, sollte er eines Tages nicht mehr beim FC sein.
Die Talkrunde befasste sich dann mit der Personalie Werner Spinner, der scheinbar der neue FC-Präsident werden soll. Linßen zeigte sich überrascht, hatte den Namen noch nie zuvor gehört. Als erstes, so gab Linßen zu, habe auch er gedacht „Muss es einer von Bayer sein?“ Grundsätzlich sei ihm aber wichtig, dass der Präsident einen Bezug zum FC haben sollte, die Nähe zum Verein sei wichtig. Man solle grundsätzlich nicht Präsident werden, „weil das ein interessantes Amt ist“, allerdings könne er sich bezgl. Spinner keine Meinung erlauben, da er dessen Hintergründe nicht kenne.
Schott zeigte sich ob der Bayer-Vergangenheit auch etwas verwundert, allerdings sei er prinzipiell sowieso eher für Karl-Heinz Thielen, den er schon länger gerne als Präsidenten des FC sehen würde. Diesen Personalwunsch bestätigte auch FC-Fan Sascha Moll, der Werner Spinner aufgrund der Unkenntnis der Person jedoch auch nicht beurteilen kann. Linßen ergriff noch einmal ausführlich das Wort, das der neue Präsident, egal wer es wird, die FC-Kultur wieder schärfen soll. Das es nichts geben darf, was über dem Verein steht. Linßen nannte in dem Zusammenhang auch den Streit zwischen Trainer und Sportdirektor, so etwas dürfe es nicht geben.
Die sportliche Situation im Abstiegskampf wurde eingehend analysiert, Schott verwies auf das äußerst schwere Restprogramm des FC, dies mache ihm Sorgen. Linßen verwies auf die starken Freiburger, die trotz Winterabgänge wie Cissé und Bastians stärker geworden sind, auch der FC Augburg ist im Aufwind. Es wurde betont, das der FC gegen Spitzenmannschaften ran muss oder gegen Mannschaften, die einen positiven Trend aufweisen. Das mache die Aufgabe schwierig.
Das nächste Spiel gegen Dortmund wird mit leichter Skepsis gesehen, FC-Fan Sascha Moll befürchtet eine Niederlage, auch Linßen und Schott sehen die Chancen auf einen Sieg nicht allzu hoch. Dennoch wird darauf verwiesen, das der FC auch gegen die großen Bayer in Köln vor kurzem erst 3:2 verloren haben, man dürfe sich nicht aufgeben.
Mit diesen Erkenntnissen endete der erste Auswärts-Talk im StäV, alle Beteiligten und Zuschauer waren zufrieden und freuen sich auf die nächste Woche (26.3.) wenn der FC-STAMMTISCH wieder im Gaffel am Dom stattfindet. Dann wird die komplette Talkrunde auch wieder vom KSTA aufgezeichnet und ist auf ksta.de in voller Länge einsehbar.
Anmerkung zum Schluss: Der komplette Talk wurde mit einer normalen DigiCam dokumentiert. Die Qualität ist dementsprechend auf äußerst niedrigem Niveau. Wer sich von dem „sprechenden Foto“ aber nicht abschrecken lässt, eine 28-minütige Zusammenfassung des fast 75 Minuten andauernden Talks findet man — H I E R! —

Hier noch der EXPRESS-Artikel

20. März 2012
Kategorien: Rund um den FC-STAMMTISCH . . Autor: ralffriedrichs . Comments: 2 Kommentare